Geschichte der Jakobswege

Das überhaupt dieses inzwischen so umfassende Netz der Jakobswege entstehen konnte, geht auf die Auffindung des vermeintlichen Grabes des Apostels Jakob im 9. Jahrhundert zurück. Der als Heiliger verehrte Jakob soll in Jerusalem hingerichtet und sein Leichnam nach Westspanien überführt worden sein. Um diese Überführung und die Entdeckung der angeblichen Gebeine ranken sich zahlreiche Legenden und Mythen. Was jedoch sicher zu sein scheint, ist die Tatsache, dass in einer Zeit, als die Mauren Spanien besetzten, diese christliche Heiligenfigur als Mittel zur Identifikation für die Christen diente.

Im Zuge der Rückeroberung Spaniens formte sich vor allem ab dem 11. Jahrhundert eine sich ausbreitende Tradition der Jakobspilger. Zunächst innerhalb von Spanien und später aus allen anderen europäischen Ländern pilgerten gläubige Christen in der Hoffnung auf Erlösung zum Grab des Apostels. Die Einführung besonderer Ablassurkunden zu bestimmten Zeiten sorgte immer wieder für eine Steigerung der Pilgerzahlen. Der Weg erlebte immer wieder Auf- und Abschwünge, verzeichnet jedoch seit dem Papstbesuch von Johannes Paul II einen stetigen Zuwachs. In den Jahren, wenn der Namenstag des heiligen Jakob am 25. Juli auf einen Sonntag fällt, wird ein so genanntes heiliges Jahr ausgerufen. In dieser Zeit wird die sonst verschlossene heilige Pforte in der Kathedrale in Santiago geöffnet und die Pilger können wie in früheren Zeiten einen Ablass ihrer Sünden erlangen, wenn sie bestimmte Bedingungen wie unter anderem den Besuch der Pilgermesse erfüllen. An diesen heiligen Jahren ist stets ein Vielfaches der üblichen Pilgerzahlen zu beobachten.

Abgesehen von diesen besonderen Zeiten werden seit 2006 zwischen 100.000 und knapp 200.000 Pilger jährlich registriert. Das zeigt, dass diese besondere Art der Wanderreise für viele Menschen von großer Bedeutung ist. Seit 1993 wurde außerdem der Camino Francés in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Auch wenn einige Pilger nicht mehr wie damals aus streng religiösen Motiven diesen Weg gehen, hat er doch eine besondere Anziehungskraft. Es ist wohl die einzigartige Mischung aus Bewegung in freier Natur, internationalem Austausch, spirituelle Suche und religiöse Erfahrung, die für den steten Zuwachs an Pilgern sorgt. Dieser Weg führt Menschen aller Altersklassen und Kulturkreise zusammen und dient vielen als Musterbeispiel für ein friedliches Miteinander ungeachtet der Herkunft, des Alters, Geschlechts oder anderer Unterscheidungsmerkmale.